Am Donnerstagabend, den 21.02.2013 ab 19.00 Uhr informierte der Erste Bürgermeister Albert Hingerl in der Mehrzweckhalle der Grundschule an der Karl-Sittler-Straße zusammen mit ausgewählten Experten ca. 30 Bewohner über das beschlossene Verkehrskonzept für den Poinger Ortsteil Zauberwinkel. Die Informationsveranstaltung war Abschluss eines über einjährigen Prozesses, in dessen Verlauf in Zusammenarbeit mit Bürgern, Verkehrsexperten, Verwaltung und Gemeinderat die Verkehrsregelung im Neubaugebiet Zauberwinkel erarbeitet wurde. Die ursprünglich gesammelten Ideen und Anregungen der Bewohner zur Verkehrsberuhigung waren Grundlage für die Arbeit der Verkehrsexperten. Das Ergebnis der Runde bildete schließlich die Entscheidungsgrundlage für den Gemeinderatsbeschluss vom 29.11.2012 zur vorerst abschließenden Verkehrsgestaltung.
Einige der Bewohnerideen und Überlegungen der Expertengruppe konnten in dem Konzept umgesetzt werden, andere hingegen wurden nicht realisiert. Das Informationsgespräch sollte den Bewohnern Einblick in die Expertendiskussion geben und erklären, warum sich die Experten für die beschlossenen Lösungen entschieden haben. Rede und Antwort standen den Bewohnern neben dem Ersten Bürgermeister Albert Hingerl, Hauptamtsleiter der Gemeinde Poing Hermann Baptist, Bauamtsleiterin der Gemeinde Poing Christine Koelbl, Anette Gnadler von der Polizeiinspektion Poing, Dipl.-Ing. Ralf Erhardt von der Verkehrsforschergesellschaft Transver und Sprecher der ARGE Poing „Am Bergfeld“ Helmut Sloim. Moderiert wurde die Veranstaltung von Thomas Schächtl, Geschäftsführer der Standortmarketingagentur Allmender. (Die Präsentation der Informationsveranstaltung können Sie hier einsehen.)
Von den Verkehrsexperten ins Konzept aufgenommen wurde der Wunsch nach zusätzlichen Warnhinweisen. Mit mobilen Displays, die die gefahrene Geschwindigkeit anzeigen, sollen die Autofahrer entsprechend sensibilisiert werden. Die Displays sollen zeitlich begrenzt an verschiedenen Stellen im Quartier aufgestellt werden, um einen Gewöhnungseffekt zu vermeiden. Die Forderung nach Gehwegen konnte im Konzept teilweise berücksichtigt werden: Die Rotkäppchenstraße erhält eine eigens ausgewiesene Gehbahn. Die Sicherungen an den Spielplätzen durch einen Zaun gehen ebenfalls auf Anregungen aus der Bevölkerung zurück.
Auf die Ideen, mit Verkehrsspiegeln Straßeneinsichten zu verbessern oder mit Bodenschwellen Geschwindigkeitsreduzierungen zu erreichen, wurde von den Experten nach intensiver Prüfung verzichtet. Das Landratsamt Ebersberg und die Polizeiinspektion Poing schilderten schon während der Konzeptentwicklung die schlechten praktischen Erfahrungen mit Verkehrsspiegeln. Fahrradfahrer und Kinder werden in den Spiegeln nicht erkannt. Verkehrsforscher Ralf Engelhardt wies auch auf die Schwierigkeiten bei der Distanzabschätzung im Spiegel hin. Durch die perspektivische Verzerrung könne der Abstand nur unzureichend eingeschätzt werden. Auch die Bodenschwellen führten lediglich zu einer höheren Lärm- und Abgasbelastung für die Anwohner und nur zu geringfügigen Geschwindigkeitsreduzierungen. Eine höhere Verkehrssicherheit könne durch diese Maßnahmen nicht hergestellt werden.
Der Vorschlag der Verkehrsexperten verzichtet auch auf die Ausweisung eines Verkehrsberuhigten Bereichs. Bei dieser langwierigen Abwägung war die Beurteilung der Gesamtsituation ausschlaggebend. Der geradlinige Ausbau der Straßen erweckt nicht den Anschein eines Verkehrsberuhigten Bereichs. Die Ausweisung eines verkehrsberuhigten Bereichs könne daher lediglich eine Scheinsicherheit herstellen. Auch die teilweise Umsetzung von verkehrsberuhigten Bereichen vermindere die Verkehrssicherheit, weil dadurch die Rechts-vor-Links-Regelung in den beiden Haupteinfahrtsstraßen in das Wohngebiet aufgehoben werden würde. Den Verzicht auf den verkehrsberuhigten Bereich bestärkten auch die überdurchschnittlich gute Unfallstatistik und die durchgeführten Verkehrsmessungen, die niedrige Durchschnittsgeschwindigkeiten und wenig Fahrbewegungen ergaben. Geschuldet ist das der Konzeption des Wohngebiets, das als abgeschlossenes Wohngebiet ohne Durchgangsverkehr nur den Verkehr der Bewohner und ihrer Besucher erzeugt.
Die ca. 30 Besucher der Informationsveranstaltung standen dem Ergebnis der Expertenkommission und dem Gemeinderatsbeschluss skeptisch gegenüber. Hauptkritikpunkte waren die mangelnde Straßeneinsicht an den Kreuzungen mit Gartenmauern und die zu geringe Ersichtlichkeit der Rechts-vor-Links-Regelung. Außerdem hätte man sich eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung gewünscht. Gefordert wurden auch, die Aufhebung der Parkverbotszone zu überdenken, zusätzliche Gehwege oder Fußgängerschutzstreifen anzulegen sowie die bestehenden Unsicherheiten bei den Autofahrern zur geltenden Rechts-vor-Links-Regelung durch entsprechende Hinweisschilder an den Einfahrten zum Wohngebiet zu minimieren. Sie begrüßten und bestanden auf der gemäß Gemeinderatsbeschluss vorgesehenen Evaluierung des Konzeptes nach einem Jahr. Bürgermeister Hingerl nahm die Anregungen auf und versprach, diese prüfen zu lassen.
Bereits Anfang 2011, ein knappes Jahr vor Übergabe der öffentlichen Straßen an die Gemeinde Poing initiierte die ARGE Poing „Am Bergfeld“ einen Optimierungsprozess. Das Ziel des Prozesses war es, die Vorteile des vom Gemeinderat hoheitlich beschlossenen Bebauungsplans Nr.55 „Zauberwinkel“ für das zukünftige Neubaugebiet Seewinkel zu erhalten und die in der Praxis vorhanden Probleme im öffentlichen Straßenraum zu optimieren. Die im ursprünglichen städteplanerischen Entwurf auch für den Seewinkel vorgesehenen Gartenmauern fielen wegen der Sichtproblematik in den neuen Planungen weg. Auch die Zuweisung von eindeutigen verkehrsberuhigten Bereichen oder Gehsteigen flossen dank des Optimierungsprozesses in den Bebauungsplan für den Seewinkel ein.